Geschichte des Ortes
Ludwig IV. und Heilige Elisabeth - Malerei im Ahnensaal (Foto: R. Braun)
Seit 1085 stand in Reinhardsbrunn - heute ein Ortsteil von Friedrichroda - das Hauskloster der Thüringer Landgrafen. Es diente seit Ludwig dem Springer als Grablege des Herrschergeschlechts. Bis zur Reformation fanden die Ludowinger und die sächsischen Nachfolger im Kloster ihre letzte Ruhestätte. Elisabeth von Thüringen bestattete hier 1228 ihren Mann Ludwig IV., der auf dem Weg ins Heilige Land einer Krankheit erlegen war. Im Volk wurde der Landgraf als ‚Ludwig der Heilige’ verehrt – obwohl er nicht offiziell heiliggesprochen wurde. Wunder an seinem Grab machten Reinhardsbrunn allerdings zum bedeutendsten Thüringer Wallfahrtsort. Unzählige Pilger kamen, um in seiner Grabkapelle zu beten.
Ansichtskarte um 1900
Das Kloster wurde im Bauernkrieg 1525 gestürmt und geplündert; in Folge der Reformation dann aufgelöst. Genutzt wurden die Gebäude als herzogliches Amt, als Witwensitz und schließlich als Lust- und Jagdschloss der Gothaer Herzöge. Auf den Grundmauern des Klosters errichteten die Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts ein Jagd- und Lustschloss im neugotischen Stil. Dem ehrgeizigen Fürst Ernst I., mit seinen engen Familienverbindungen zu den Königshäusern von England, Frankreich, Belgien und Portugal war der bestehende Bau zu bescheiden, er wünschte sich eine elegante und dem internationalen Maßstab entsprechende Sommerresidenz. Die Bauarbeiten wurden dem begabten, erst 23-jährigen Gothaer Architekten Gustav Eberhard übertragen, der in Paris ausgebildet wurde. Der umgebende Schlosspark war der erste Thüringer Park des Historismus und ein Gartenkunstwerk von europäischem Rang. Sogar Fürst von Pückler – Muskau äußerte sich überschwänglich zum Park in Reinhardsbrunn; sah in ihm ein Ideal verwirklicht.
Kellerbar im Gewölbe aus der Klosterzeit
Nach 440 Jahren Klosterzeit folgten 420 Jahre Schloss- und Adelsgeschichte. Die endete 1945 mit der Enteignung des Herzoghauses Sachsen-Coburg und Gotha durch die sowjetische Besatzungsmacht. Danach erfolgte die Übernahme der Immobilien durch das Land Thüringen und eine vorübergehende Nutzung als Schulungsstätte für Landesfeuerwehr und Polizei.
Ab 1953 wurde das Schloss Hotel des VEB Reisebüro der DDR, vor allem für Gäste aus der Bundesrepublik und dem westlichen Ausland, später gab es dort auch einen Intershop. Schloss und Park wurden zum Aushängeschild des mit über einer Million Übernachtungen zweitgrößten Urlauberortes der DDR. Restaurant, Café und die in den achtziger Jahren eingerichtete Kellerbar entwickelten sich zu gern besuchten Treffpunkten. Konzerte des Leipziger Gewandhausquartetts und Kongresse unterschiedlicher Art machten das Schloss zum kulturellen Zentrum und zum Bildungsstandort.
Zustand im 2. OG des Hohen Hauses 2020 (Foto: R. Braun)
Bis 1989 wurde das Schloss Reinhardsbrunn als Hotel des Reisebüros der DDR genutzt. Nach der politischen Wende wurden Schloss und Schlosspark wieder auf die Denkmalliste des Freistaates Thüringen gesetzt. Auf Betreiben der Treuhandanstalt wurde das Ensemble in ein Paket von 15 Spitzenhotels der DDR gepackt, dass sie an eine westdeutsche Hotelkette verkaufte. Das Versprechen von Arbeitsplätzen und Investitionen verhinderte auch die Rückgabe an den Alteigentümer. Zunächst schien das Schlosshotel einer positiven Zukunft entgegen zu gehen. Renovierungen und Restaurierung der historischen Gebäude wurden in Aussicht gestellt. Im Haupthaus wurden Räume entkernt und Einbauten beseitigt im Zuge der Arbeiten. Das Kavaliershaus, als bereits vollständig erneuertes Nebengebäude wurde bis 2001 als Hotel genutzt, während im eigentlichen Schlossgebäude schon die Arbeiten eingestellt wurden. Die Besitzer hatten wohl schon in den neunziger Jahren entschieden, die Anlage wieder aufzugeben. Nach dem Ende des Hotelbetriebes 2001 folgte eine Zeit des Leerstands und Besitzerwechseln. Letztlich wurden Schloss und Schlosspark an eine Baufirma in Weimar verkauft, die für die Anlage eine eigene GmbH gründete. Aber auch dadurch wurde der zunehmende Verfall nicht aufgehalten. Im Gegenteil, die Firma wechselte mehrfach den Besitzer und zu keiner Zeit waren Bemühungen zum Erhalt oder gar Konzepte zur Nutzung zu erkennen. Bis vor Kurzem war ein russischer Staatsbürger Geschäftsführer der Firma und damit Eigentümer von Schloss Reinhardsbrunn. Landkreis Gotha und Freistaat Thüringen konnten ihre Aufforderung zur Notsicherung nicht zustellen, so dass diese aus Landesmitteln bezahlt wurden.
Erst das Engagement der beiden Vereine Kirche und Tourismus e.V. und dem Förderverein für Schloss und Park Reinhardsbrunn e.V. konnte das Problem des zunehmenden Verfalls und dem Desinteresse der Eigentümer ins öffentliche Bewusstsein getragen werden. Die Landesregierung wurde aufmerksam gemacht auf den Verlust der Wiege Thüringens und musste unter dem Druck der Öffentlichkeit tätig werden. Die Enteignung der privaten Eigentümer wurde eingeleitet und nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten im Februar 2021 endlich positiv entschieden – ein Präzedenzfall in der deutschen Rechtsgeschichte. Das Gelände gehört nun dem Freistaat Thüringen, der zunächst einmal die Sicherung des aktuellen Zustandes anstrebt und über mögliche Nutzungskonzepte berät.
Ansicht Rosengarten und Schlossgebäude im Herbst 2020 (Foto: R. Braun)